Gastbeitrag: Steuer-Expertinnen erklären
Die Auseinandersetzung mit ESG-Themen (Environmental Social Governance) ist für Unternehmen unausweichlich. Im Rahmen der aus den EU-Regularien sich ableitenden verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD ( Corporate Sustainability Reporting Directive) und ESRS (European Sustainability Reporting Standards) nimmt die doppelte Wesentlichkeitsanalyse eine zentrale Rolle ein. Was versteht man darunter und worauf gilt es dabei zu achten?
Im Dezember 2022 wurde die CSRD, Corporate Sustainability Reporting Directive, veröffentlicht. Die Richtlinie führt zu einer Neuregelung und signifikanten Ausweitung der verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichterstattung auf EU-Ebene. Um die Vergleichbarkeit und Qualität von Nachhaltigkeitsinformationen zu verbessern, wurden zudem eigene europäische Berichtsstandards, die ESRS, European Sustainability Reporting Standards, entwickelt. Derzeit liegen zwölf Standards vor, die in zwei generelle (ESRS 1 und ESRS 2) und zehn themenspezifische Standards unterteilt werden. Letztere adressieren Themenstellungen aus den Bereichen Umwelt (ESRS E1 bis ESRS E5), Soziales (ESRS S1 bis ESRS S4) und Governance (ESRS G1).
Die generellen Standards, ESRS 1 und ESRS 2, enthalten allgemeine Anforderungen und Angaben zur Berichterstattung und sind daher branchen- und themenübergreifend zu beachten. Besonderes im Fokus steht ESRS 1 („Allgemeine Anforderungen“), der das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit regelt. Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse ist das Kernelement der verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichterstattung nach ESRS und erfordert eine umfassende Betrachtung des Geschäftsmodells aus unterschiedlichen Perspektiven.
Im Prozess der doppelten Wesentlichkeitsanalyse gilt es, wesentliche Themen im den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance für das jeweilige Unternehmen zu identifizieren und in Bezug auf Auswirkungen, Risiken und Chancen zu bewerten.
Anschließend müssen Unternehmen über die identifizierten Themen gemäß den entsprechenden themenspezifischen ESRS, berichterstatten. Das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit erfordert die Betrachtung von Nachhaltigkeitsthemen hinsichtlich zwei Dimensionen, der sogenannten Inside-Out-Perspektive, auch Auswirkungswesentlichkeit, sowie der sogenannten Outside-In-Perspektive, auch finanzielle Wesentlichkeit. Die Auswirkungswesentlichkeit berücksichtigt tatsächliche oder potenzielle, positive oder negative Auswirkungen der Geschäftstätigkeiten auf Mensch und Umwelt über einen kurz-, mittel- oder langfristigen Zeithorizont. Die finanzielle Wesentlichkeit hingegen betrachtet Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf die kurz-, mittel- oder langfristige finanzielle Situation des Unternehmens und erfasst dadurch entstehende Risiken bzw. Chancen. Themen gelten als wesentlich, wenn die Wesentlichkeit hinsichtlich einer der beiden Dimensionen (Auswirkungswesentlichkeit oder finanzielle Wesentlichkeit) festgestellt wurde.
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung sieht die Einbeziehung der gesamten Wertschöpfungskette des Unternehmens vor. Daher ist es im Zuge der doppelten Wesentlichkeitsanalyse erforderlich, sowohl vorgelagerte als auch nachgelagerte Wertschöpfungskette sowie sämtliche Geschäftstätigkeiten tiefgehend zu betrachten. Dies umfasst neben der Untersuchung eigener Geschäftspraktiken auch eine Analyse von Geschäftsbeziehungen, Produkten und Services.
Nach Durchführung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse müssen Unternehmen gemäß den entsprechenden ESRS Standards über ihre als wesentlich festgestellten Themen, berichten und die entsprechenden Daten erheben.
Da die doppelte Wesentlichkeitsanalyse ein mehrmonatiger Prozess ist, empfiehlt es sich, insbesondere für Unternehmen, die ab 2025 berichtspflichtig sind, rechtzeitig mit der Umsetzung zu beginnen. So können die wesentlichen Themen frühzeitig identifiziert werden, um anschließend die entsprechenden Daten für das berichtspflichtige Geschäftsjahr erheben zu können und den Anforderungen der CSRD-Berichtspflicht zeitgerecht nachzukommen.
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