Die Bedeutung der Einbindung von Mitarbeiter*innen in die nachhaltige Transformation eines Unternehmens und wie dies funktioniert

Mitarbeiter*innen-Engagement für Nachhaltigkeit

Employee Engagement for Sustainability
Drew Wilkinson pic

Drew Wilkinson

Klimaaktivist und Co-Gründer der Microsoft Sustainability Community

Viele Unternehmen behaupten, ihre Mitarbeiter*innen seien ihr wertvollstes Kapital. Da stellt sich die Frage: Warum binden sie diese dann nicht sinnvoll in ihre Nachhaltigkeitsstrategie ein? Allzu oft sehe ich Unternehmen, die ernsthaft in Nachhaltigkeit investieren möchten, dabei jedoch eine der wichtigsten und am leichtesten verfügbaren Ressourcen ignorieren, die ihnen zur Verfügung steht - ihre Mitarbeiter*innen. Dieser Blogbeitrag behandelt die Bedeutung von Mitarbeiter*innen-Engagement für die Nachhaltigkeitsstrategie eines Unternehmens und gibt praktische Tipps für die ersten Schritte.

Den Originaltext auf Englisch findest du hier: Employee Engagement on Sustainability, Drew Wilkinson

Die Zukunft der Arbeit ist grün

Laut der Science Based Targets Initiative ist die Anzahl der Unternehmen, die sich verpflichtet haben, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren, seit 2015 um fast 14.000% gestiegen! Aber die meisten dieser Unternehmen verfügen noch nicht über die Fachkräfte und das Know-how, um diese Versprechen in tatsächliche Fortschritte umzusetzen.

Gleichzeitig, laut Deloittes Gen-Z- und Millennial-Umfrage 2023, haben 42% der Mitarbeiter*innen ihren Job aufgrund von Umweltbedenken gewechselt oder planen dies, 50% setzen sich bei ihrem Arbeitgeber für Umweltthemen ein, aber nur 15% fühlen sich in der Lage, die Bemühungen ihres Unternehmens zur Nachhaltigkeit zu beeinflussen.

Der Bericht "The Future of Jobs is Green 2023" des Weltwirtschaftsforums ist noch deutlicher: 26% sagen, dass Nachhaltigkeit ihre oberste Bedingung für einen neuen Arbeitgeber ist.

Ist der Trend zu erkennen? Die Mehrheit der Belegschaft möchte für Unternehmen arbeiten, die Nachhaltigkeit ernst nehmen, und sie möchten sich beteiligen, auch wenn es nicht Teil ihrer Stellenbeschreibung ist. Genau diese Mitarbeiter*innen sind der Schlüssel zur Beschleunigung der Nachhaltigkeit im großen Maßstab.

Eine Kultur der Nachhaltigkeit schaffen

Zukunftsorientierte Unternehmen erkennen, dass die Erfüllung ihrer Nachhaltigkeitsverpflichtungen, die Anstellung und Bindung von Spitzenkräften und die kontinuierliche Innovation in Zeiten des Klimawandels zwei Maßnahmen gleichzeitig erfordern:

  • die Einstellung oder die Förderung von Mitarbeiter*innen mit tiefem Fachwissen in Bereichen wie CO2-Bilanzierung
  • die Einbindung der gesamten Belegschaft in ihre Nachhaltigkeitsbemühungen

Kurz gesagt, Unternehmen müssen eine Kultur der Nachhaltigkeit schaffen, um relevant zu bleiben. Mitarbeiter*innen-Engagement bietet hier den Weg des geringsten Widerstands, und die gute Nachricht ist, dass die Organisation wahrscheinlich bereits Erfahrung damit hat!

In diesem Zusammenhang definiere ich Mitarbeiter*innen-Engagement als Maßnahmen zur Steigerung der Mitarbeiter*innen-Beteiligung an den Umwelt- und Nachhaltigkeitsbemühungen eines Unternehmens.

Es geht darum, proaktiv und gezielt Möglichkeiten zu schaffen, um alle Mitarbeiter*innen zu informieren, zu inspirieren und zu aktivieren (dazu unten mehr), um Nachhaltigkeit zu einem integralen Bestandteil der Arbeit aller zu machen.

Das bedeutet nicht, dass eine Organisation genau weiß, wie jede*r Mitarbeiter*in einen individuellen Beitrag leisten kann. Es bedeutet, die richtigen Bedingungen und Anreize zu schaffen, um die Kreativität und Experimentierfreude zu fördern, die erforderlich sind, damit jede*r es herausfinden kann.

Die Organisationsstruktur, die Unternehmen historisch gesehen verwendet haben, um Nachhaltigkeit zu implementieren, ist schlichtweg unzureichend für das Ausmaß, die Geschwindigkeit und die Komplexität der Klimakrise. Wir müssen neu denken, wer am Thema Nachhaltigkeit arbeiten darf, und jede*n einladen, etwas beizutragen. Die Erfahrung zeigt uns, dass es keinen Titel im Bereich Nachhaltigkeit braucht, um die nächste großartige Idee zu entwickeln! Jede*r Mitarbeiter*in in jeder Position wird herausfinden müssen, wie er*sie dazu beitragen kann, diese Transformation zu beschleunigen. Es geht um die Demokratisierung der Nachhaltigkeit, basierend auf der Idee, dass jede*r etwas Bedeutsames beizutragen hat.

Probleme von planetarem Ausmaß erfordern Lösungen von planetarem Ausmaß

Auch mit wachsendem Einfluss und Ressourcen bleiben professionelle Nachhaltigkeitsteams oft klein, isoliert und chronisch unterversorgt. Diese Faktoren können ihre Fähigkeit einschränken, weitreichenden Veränderungen umzusetzen, die für die Verankerung von Nachhaltigkeit im Unternehmen erforderlich sind. Wie bei den meisten Themen der Klimakrise handelt es sich hier um ein Problem der Größenordnung. Angefangen bei der Reduzierung der globalen CO2-Emissionen bis hin zur Schaffung einer Kreislaufwirtschaft sind diese Probleme buchstäblich von planetarem Ausmaß. Die Lösungen müssen dieser Größenordnung entsprechen. Um dorthin zu gelangen, bedarf es einer weitreichenden Zusammenarbeit innerhalb des gesamten Unternehmens.

Wenn wir bedenken, dass Nachhaltigkeitsexpert*innen nicht angestellt sind, um nachhaltigere Arbeitswege für bestehende Positionen zu entwickeln, ergibt sich eine neue Denkweise: Was passiert, wenn jede*r Mitarbeiter*in bereits in seinen*ihren vorhandenen Aufgaben zur nachhaltigen Transformation beiträgt? Wie sähe es aus, den Schnittpunkt von Nachhaltigkeit mit jeder bestehenden Rolle im Unternehmen zu untersuchen? Zum Beispiel, wer könnte die Prinzipien der grünen Softwareentwicklung besser definieren als Softwareentwickler*innen? Wer könnte die Prinzipien von nachhaltigem Design besser festlegen als Designer*innen?

Vielleicht hast du den Schlachtruf gehört: Jetzt ist jeder Job ein Klima-Job.

Dies ist die Zukunft der Nachhaltigkeitsarbeit. Indem alle Mitarbeiter*innen eingebunden werden, die Bemühungen der bestehenden Nachhaltigkeitsteams zu verstärken, kann jedes Unternehmen diese Herausforderungen bewältigen und auf diesem Weg eine Kultur der Nachhaltigkeit schaffen.

Erfolgskreislauf des Mitarbeiterinnenengagement

Der Erfolgskreislauf des Mitarbeiter*innen-Engagements

Wie genau kann ein Unternehmen seine Mitarbeiter*innen erfolgreich in das Thema Nachhaltigkeit einbinden?

Es gibt keine allgemein gültige Antwort auf diese Frage, aber ich habe in den sieben Jahren meiner Tätigkeit bei Microsoft, das weithin als führendes Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit gilt, einiges gelernt: und daraufhin den sogennanten "Erfolgskreislauf des Mitarbeiter*innen-Engagements" entwickelt.

Dieser Kreislauf nimmt kinetische Energie an und wird mit der Zeit zum Selbstläufer. Wie ein Schneeball, der einen Hügel hinunterrollt und zu einer Lawine wird, gewinnt er an Schwung und zieht alles mit sich, was sich ihm in den Weg stellt. Einzelne Mitarbeiter*innen können je nach ihrer Erfahrung an jedem beliebigen Punkt in den Kreislauf eintreten, aber es ist entscheidend, dass sie alle drei Phasen durchlaufen. Danach wissen sie, was Nachhaltigkeit ist (und was nicht), wie sie sie in ihre Arbeit integrieren können und wie sie anderen helfen können, dasselbe zu tun.

Bildung

Bildung ist der beste Ausgangspunkt, denn Verständnis für das Nachhaltigkeit ist eine fundamentale Vorstufe für alles, was danach kommt. Bei einem so umfangreichen und komplexen Thema müssen Unternehmen intern zunächst eine gemeinsame Sprache finden. Jede*r Mitarbeiter*in sollte verstehen, was Nachhaltigkeit ist, warum sie wichtig ist und wie das Unternehmen mit dem Thema umgeht. Mit diesem Wissen sind Mitarbeiter*innen viel besser in der Lage, herauszufinden, wie sie selbst einen Beitrag leisten können. Andernfalls verstehen sie möglicherweise nicht, wie ihr individuelles Handeln mit dem des Unternehmens übereinstimmt, was zu vergeblicher Mühe und Frustration auf beiden Seiten führen kann.

Hier sind einige kurze Tipps, wie man eine Belegschaft mit hoher Nachhaltigkeitskompetenz schaffen kann:

  • Biete Weiterbildungen zum Thema Nachhaltigkeit an. Wie bei jeglicher Form von Wissen, das von Mitarbeiter*innen erwartet wird, sind Schulungen unerlässlich. Und keine Sorge: Wenn ein Unternehmen nicht über die Ressourcen verfügen, um selbst eine Nachhaltigkeits-Weiterbildung durchzuführen, gibt es viele andere Unternehmen, die sich auf genau diesen Bereich spezialisiert haben.


  • Häufige und ehrliche Kommunikation ist entscheidend. Informiere Mitarbeiter*innen regelmäßig und transparent über die Nachhaltigkeitsziele und -fortschritte des Unternehmens in allen bestehenden Geschäftsrhythmen. Normalisiere und sozialisiere das Thema Nachhaltigkeit in Town Halls, Newslettern und allen anderen Mechanismen, die bereits zur Kommunikation mit der Belegschaft genutzt werden.
  • Eröffne zweiseitige Kommunikationskanäle zwischen Führungsebene und Mitarbeiter*innen. Denke daran, dass es bei einer gelungenen Kommunikation genauso viel bedeutet zuzuhören, wie zu sprechen. Wir alle haben noch viel zu lernen!


DSC08364

Climate Action Day: Bildung

Inspiration

Wenn die Weiterbildung abgeschlossen ist, ist es an der Zeit, die Mitarbeiter*innen zu inspirieren, indem man ihnen zeigt, was möglich ist! Dies ist besonders wichtig, weil alle verstehen müssen, wie man von abstrakten Konzepten und Daten zur praktischen Umsetzung kommt.

Hier einige bewährte Verfahren, mit denen Mitarbeiter*innen motiviert werden können:

  • Stelle Erfolgsgeschichten in den Vordergrund und teile, wann immer möglich, mit, wie diese zustande gekommen sind. Vor allem, wenn es sich um die Arbeit von Mitarbeiter*innen handelt.
  • Verteile die Job Function Action Guides von Project Drawdown in deinem Unternehmen. Diese praktischen und gemeinsam nutzbaren Ressourcen heben spezifische, hochwirksame Klimaschutz-Maßnahmen hervor, die Mitarbeite*innen in gängigen Positionen implementieren können (Finanzen, Regierung und öffentliche Politik, Personalwesen und Betrieb, Recht, Marketing, Beschaffung, Vertrieb und kund*inneenorientierte Funktionen).
  • Frage deine Mitarbeiter*innen nach ihren Ideen, was das Unternehmen tun kann, um nachhaltiger zu werden. Sammle die Vorschläge und biete Belohnungen für die Ideen mit der größten Umsetzbarkeit an! Viele Mitarbeiter*innen haben großartige Ideen, sie warten nur darauf, gefragt zu werden!
DSC04636

Climate Action Day: Inspiration

Aktivierung

Jetzt können die wirklich coolen Sachen passieren! Mit dem grundlegenden Wissen und dem Glauben an das Machbare können die Mitarbeiter*innen selbst herausfinden, wie sie Nachhaltigkeit in ihre Arbeit integrieren können. Die Führungskräfte wiederum sollten die Ressourcen und Bedingungen bereitstellen, die es ermöglichen, dass Experimente gelingen.

Hier sind einige Tipps für die Aktivierung der Mitarbeiter:

  • Schaffe oder unterstütze eine Mitarbeiter*innen-Gemeinschaft für Nachhaltigkeit! Dies ist eine der kosteneffizientesten Möglichkeiten, Mitarbeiter*innen in großem Umfang zu aktivieren. Erfahre mehr dazu in meinem Blogbeitrag How to Build Your Own Employee Sustainability Community
  • Setze Anreize und belohne sinnvolle Arbeit mit sinnvoller Anerkennung! Vermeide die typischen Werbegeschenke und werde kreativ. Ziehe Stipendien für die berufliche Entwicklung, Rabatte auf Nachhaltigkeitskurse, Emissionsminderungsgutschriften, Freistellungen für Freiwilligenarbeit oder Spenden an gemeinnützige Umweltorganisationen in Betracht oder erwähnen Mitarbeiter*innen in den externen Nachhaltigkeitsberichten des Unternehmens.
  • Stelle für all dies echte Ressourcen zur Verfügung, d.h. ein Budget, Personal und Unterstützung von oben durch die Unternehmensleitung. Beginne mit der Förderung des Mitarbeiter*innen-Engagements durch den Chief Sustainability Officer des Unternehmens oder eine vergleichbare Person. Wenn möglich, mache dies zu einem Teil der Nachhaltigkeitsstrategie.
DSC09110

Climate Action Day: Aktivierung

Wenn die Belegschaft in den Kreislauf des Mitarbeiter*innen-Engagements einbezogen werden, ist dies ein dauerhafter Weg, um Mitarbeiter*innen zu engagieren und eine Kultur der Nachhaltigkeit zu schaffen.

GCW Einfluss Daten

Glacier'S Tipp:

Climate Action Day

Der Climate Action Day (CAD) ist der jährliche Klimaschutz-Aktionstag, an dem sich Unternehmen und ihre Mitarbeiter*innen, mit Nachhaltigkeit befassen, konkrete Maßnahmen umsetzen, und so das Bewusstsein für den Klimaschutz stärken.

Zusammenfassend heißt das...

Unternehmen, die erkannt haben, wie wichtig es ist, alle ihre Mitarbeite*innen in das Thema Nachhaltigkeit miteinzubeziehen, werden in einer vom Klimawandel geprägten Welt erfolgreich sein.

Durch die Demokratisierung der Nachhaltigkeitsarbeit über alle Rollen und Funktionen hinweg können Unternehmen Top-Talente anziehen und binden, Innovationen fördern und eine Belegschaft mit hoher Nachhaltigkeitskompetenz entwickeln. Kurz gesagt, beim Mitarbeiter*innen-Engagement für Nachhaltigkeit geht es darum, mehr helfende Hände für ein Problem zu gewinnen, das größer ist als jede*r einzelne von uns oder unsere Unternehmen. Es geht darum, das Versprechen einzulösen, dass Mitarbeiter*innen das wertvollste Kapital eines Unternehmens sind, indem sie in die Arbeit unserer Lebenszeit miteinbezogen werden.

Drewwilkinsonheadshotsquare

Über den Autor

Drew Wilkinson

Drew Wilkinson ist Klimaaktivist, Community-Organisator und Mitbegründer der 10.000 Mitglieder zählenden Nachhaltigkeits-Community von Microsoft. Seine Mission ist es, Nachhaltigkeit zu einem Teil von jedermenschs Arbeit zu machen. Er arbeitet für Planet Earth, bietet aber über sein Unternehmen Climate Leadership Collective auch Beratungsdienste für Mitarbeiter*innen-Engagement an. Erfahre mehr auf seiner Website.

Mehr zum Thema Klimaschutz im Unternehmen?

Hier geht's weiter!

Opening Moderation 2

Von komplexer CSRD-Berichterstattung zu gelebter Nachhaltigkeit

Climate Leaders Circle am 27.11.2024

Adobe Stock 440211835

Gastbeitrag: Steuer-Expertinnen erklären

Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse nach ESRS

Adobe Stock 451231435

Welche Rolle Emotionen in unserem Umgang mit dem Klimawandel spielen

Die Macht der Gefühle in der Klimakrise